Anders

Sardinien ist anders

Sardegna è diversa


  Sardinien ist verschwunden. Eben noch war die Ìsola Tavolara im Dunst der Küste zu erahnen. Nun sind wir nur  noch vom Wasser des Mittelmeers umgeben, das die Luft angenehm kühlt; eine Wohltat nach der Hitze der vergangenen zwei Wochen. Zeit für ein Resümee.

  Mit welchen Vorstellungen, mit welchen Wünschen sind wir zu der Insel aufgebrochen? Wir wollten, als der Plan reifte, die gesamte Insel entdecken - hier zeigt sich schon, daß wir keine Ahnung hatten. Sardinien hat ungefähr die Größe von Belgien und besteht nahezu vollständig aus Gebirge. Wir beschränkten uns auf den Norden - die Gallura und ein Wenig südlich davon. Fast 500 km mit über 8000 Höhenmetern sind es geworden. Die Küsten und Strände haben wir gemieden.

  Wir dachten, es wäre wie in Italien; nur eben auf einer Insel. Beides erscheint uns falsch. Die Insel ist nicht zu spüren. Die Orte, die wir sahen, hatten mit den Italienischen nichts gemein, außer manchmal eine gewisse Schmuddeligkeit. Nicht ein Mal sind wir auf ein wirkliches centro storico gestoßen, wie wir es Italien auf Schritt und Tritt finden. Die Orte scheinen vor nicht allzu langer Zeit gegründet.

  Obwohl wir wußten, daß der höchste  Berg Sardiniens lediglich 1834 m hoch ist, waren wir überrascht, daß es immer wieder auf und ab ging. Lange Anstiege oder Abfahrten waren selten. Unvergeßlich sind die Felsformationen, die Wind und Wetter aus dem Gestein geschnitzt haben. Die Fantasie reicht nicht aus, sich vorzustellen, welche Formen aus Stein die Natur zu schaffen vermag.  Manchmal sind wir an steilen Wänden vorbeigefahren, dann wieder beginnen die Berge erst sanft anzusteigen um dann in einer Krone von bizarrer Schönheit zu enden. Und schließlich fanden wir Gegenden, in denen die Felsen eben aus dem  Boden geschlüpft schienen und gerade beginnen zu wachsen.

  Wilde Tiere haben wir leider nicht zu Gesicht bekommen. Raubvögel natürlich schon. Die Schafe haben im Allgemeinen ein langes Zottelfell, die Rinder sind kleiner, als wir es von Italien kennen und die Ziegen sind zahlreicher. Esel haben wir viele gesehen.

  Auch die Küche ist anders. Es schien uns, als würde weniger Aufhebens um das Essen gemacht. In Italien ist es eine Zeremonie; auf Sardinien haben auch sehr gut gegessen (bis auf ein Mal), doch mit weniger Leidenschaft.

  Der Wein ist lecker, hat aber den Nachteil, oft mehr Alkohol zu enthalten, als gewöhnlich. Vielleicht liegt das an der übermächtigen Sonne Sardiniens, die den Zuckergehalt der Trauben in die Höhe treibt. Gerade der Cannonau hat uns manchen Abend zugesetzt. Und wenn sich erst einmal das Herz unserer Gastgeber geöffnet hatte, sind wir an einem oder zwei mirto, eim Likör aus den Beeren der Myrthe, nicht vorbeigekommen. Er war immer selbstgemacht und sehr wohlschmeckend.

  Die Menschen - was soll ich sagen? Sie erschienen uns verschlossen und oft mürrisch. Als wäre es ihnen eine Last, sich mit Fremden einzulassen. Manchmal ist es uns gelungen, das Eis zu brechen; dann hatten wir angenehme, herzliche Gespräche - und eben mirto. Später, in Olbia, bestätigte uns unser offener und freundlicher Gastgeber unsere Beobachtung. In den Bergen seien die Menschen nur untereinander gut Freund; das aber bedingungslos und für immer. An den Küsten sei das anders. Da wäre man schon nach drei Sätzen befreundet, doch nach drei Minuten hat man den Anderen schon wieder vergessen.

  Sardinien - wir werden Dich und Deine Schönheit nie vergessen. Wir werden aber auch nicht wiederkommen.

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